Kratzt, bildet Noppen und ist kaum waschbar - Was steckt wirklich hinter den Vorurteilen über Wolle? Schauen wir doch einmal genauer hin.
Text: Mimmi Ljungblad
Foto: Evelina Lind
Veröffentlicht
10.11.2020
Fünf kurze Fakten zu Wolle:
- Wolle verdanken wir Fasern tierischen Ursprungs, bestehend aus Einweißmolekülen
- Weltweit sind rund 40 Schafrassen und rund 200 verschiedene Wollarten bekannt
- Wolle beinhaltet Lanolin, eine natürliche Imprägnierung zum Schutz vor Verunreinigungen und Gerüchen
- Wolle ist ein natürliches Funktionsmaterial, das sowohl wärmen als auch kühlen kann
- Wolle ist biologisch abbaubar und recycelbar
Ein Überblick
Beim Thema Wolle gehen die Meinungen auseinander, von den einen geliebt, von anderen eher widerstrebend getragen. Sie zählen zu jenen, die Qualität zu schätzen wissen und sich Gedanken über die Herkunft von Materialien machen? Dann sind Sie hier genau richtig. Tauchen Sie ein mit uns in die flauschige Welt der Wolle.
Generell unterscheidet man bei den Textilfasern zwischen zwei Hauptgruppen, den Natur- und Kunstfasern. Zu den Naturstoffen gehören Fasern pflanzlichen oder tierischen Ursprungs aus Zellulose beziehungsweise Protein. Zur letzteren Kategorie zählen Wollstoffe, die aus der Schur von Schafen gewonnen werden, aber auch Ziegen, Yaks, Lamas und Kaninchen sind Lieferanten hochwertiger Naturmaterialien.
Die Herstellung von Wolle lässt sich historisch weit in der Geschichte zurückverfolgen. Bereits 4000 v. Chr. beherrschten Menschen die Kunst der Verarbeitung von Wolle zu Garn.
In Hülle und Fülle
Weltweit stehen rund 40 verschiedene Schafrassen für die Gewinnung von geschätzt 200 unterschiedlichen Wollarten zur Verfügung. Wie auch bei Baumwolle hängt die Qualität der Schafwolle von der Reinheit, Farbe sowie Länge und Dichte der Fasern ab. Diese Eigenschaften sind die ausschlaggebenden Kriterien für welchen Anwendungsbereich sich der Rohstoff am besten eignet.
Die Wolle der Kaschmirziege und das Mohair der Angoraziege gelten als besonders hochwertig und werden als eine der exklusivsten Wollqualitäten der Welt gehandelt. Die glatten, elastischen Fasern weisen einen feinen Glanz auf und nehmen leicht Färbemittel auf. Unter den Schafen hingegen gilt die französische Rasse Rambouillet, dessen Fell ausschließlich aus Unterwolle besteht, als begehrter Lieferant kurzer, weicher Fasern von erstklassiger Qualität.
Der Weg der Wolle
Der Weg von der Wolle zum fertigen Kleidungsstück kann, je nach Herstellungsart, unterschiedlich verlaufen. Der Prozess hängt ganz davon ab, ob die Wolle von Hand oder maschinell in einer Fabrik verarbeitet wird. Der erste mechanische Vorgang der Rohstoffbearbeitung verläuft jedoch unabhängig von der Weiterverarbeitungsmethode immer gleich. Das Schaf wird geschoren, das gewonnene Vlies wird nach Faserlänge sortiert und genauestens auf den Qualitätsstandard überprüft.
Wolle enthält in ihrem ursprünglichen Zustand einen hohen Fettanteil, Verunreinigungen und pflanzliche Stoffe, die gründlich entfernt werden müssen. Dieser Anteil kann bis zu 40% betragen. Durch das Waschen in einer Lauge aus warmem Wasser und Flüssigwaschmittel oder einem organischen Lösungsmittel werden unerwünschte Rückstände entfernt. Um die hohen Anteile an natürlichen Fremdkörpern, wie beispielsweise anhaftende Klettenteile restlos zu entfernen, ist es manchmal notwendig auf Karbonisierung, eine chemische Aufarbeitung der Wolle, zurückzugreifen.
Nach dem Reinigen und Sortieren wird die Wolle kardiert, um die Fasern in dieselbe Richtung zu legen und eventuelle Knoten zu entfernen. Nach diesem Vorgang kann das Rohmaterial nun zu einem gleichmäßigen Garn versponnen werden. Danach ist die gebrauchsfertige Strickwolle für die nächsten Verarbeitungsschritte bereit.
Wenn der Ruf vorauseilt...
Die Vorurteile gegenüber Wolle halten sich hartnäckig. Doch entspricht das alles der Wahrheit? Was steckt denn nun wirklich hinter dem negativen Ruf? Gängige Behauptung Nummer eins: „Wolle kratzt auf der Haut“. Ob sich Wolle unangenehm auf der Haut anfühlt, hängt unter anderem von der Länge der Fasern ab. Insgesamt 200 Wollsorten liefern Fasern mit einer Länge von 30 bis 150 mm. Kurze Fasern neigen dazu, aus dem verarbeiteten Garn abzustehen, und fühlen sich wie kratzende Borsten auf der Haut an, lange Fasern hingegen sorgen für einen behaglichen Tragekomfort. Eine weitere ausschlaggebende Rolle spielt der Durchmesser der Fasern, die sogenannte Feinheit.
Behauptung Nummer zwei: „Wolle lässt sich nicht waschen”. Das stimmt zum Teil. Durch den Waschvorgang wird die natürliche Schutzschicht abgebaut, was zu einem Qualitätsverlust führt. Wolle ist generell kein großer Fan von zu hoher Wassertemperatur. Das Naturprodukt ist umhüllt von einer schützenden Lanolin-Schicht, die für die zuverlässige Isolierung sorgt und das Material vor unangenehmen Gerüchen und Schmutz bewahrt. Dadurch entsteht eine Art selbstreinigende Funktion, die das Waschen weitgehend unnötig macht. Einfaches Auslüften reicht in den meisten Fällen.
Argument Nummer drei: „Wolle verfilzt und bildet unschöne Knötchen”. Wollfasern, die sich aus dem verarbeiteten Garn herauslösen, können sich durch dessen Struktur zu kleinen Knäuel verhaken. Ausgelöst und beschleunigt wird die Verfilzung durch eine Kombination aus Wärme und Reibung. Ein Grund mehr beim Waschen höchste Vorsicht walten zu lassen sowie für andere Alternativen offen zu sein.
Wolle besitzt die herausragende Eigenschaft auf die persönliche Körpertemperatur zu reagieren. Dadurch entsteht der begehrte Effekt, der uns im Winter warm und im Sommer kühl hält. Die natürlichen Proteinfasern gelten als hygroskopisch. Wolle nimmt Feuchtigkeit auf und transportiert diese auch wieder ab, ohne dass sich der Stoff nass anfühlt. Mit anderen Worten, ein natürliches Funktionsmaterial.
Naturprodukt Wolle
Haben Sie gewusst, dass Wolle biologisch abbaubar ist und sich teilweise sogar zur Kompostierung eignet? Zudem ist das Naturmaterial recycelbar.
Recycelte Wollprodukte entstehen aus dem Material von bereits verarbeiteter Wolle oder aus Wollfasern die noch gar nicht versponnen wurden. Die Fasern fallen bei diesem Verarbeitungsprozess kürzer aus als gewöhnlich. Deshalb mischt man ganz einfach zur Verstärkung neue Wolle unter das Material. Folgende Artikel aus unserem Shop enthalten recycelte Wolle:
Wolle kann, wie auch Baumwolle, auf ökologischer Basis produziert werden. Für die Zertifizierung gilt es eine Reihe von Kriterien zu erfüllen. Für den Waschvorgang bei der Vorbearbeitung dürfen ausschließlich nur biologisch abbaubare Spülmittel eingesetzt werden. Die Hersteller verzichten auf den Einsatz von Insektenschutzmittel und verpflichten sich zur Einhaltung strenger Richtlinien in Bezug auf die Tierhaltung. Wem das Wohl der Tiere am Herzen liegt, bevorzugt beim Kauf mulesingfreie Wollprodukte. Mehr zum Thema erfahren Sie in unserem Ratgeber
Care with Carl.
Wolle richtig pflegen
Die besten Tipps zur Pflege Ihrer Wollprodukte finden Sie
hier.