Nach dem Prinzip Eins rein - Eins raus zu leben, bedeutet für jedes neue Kleidungsstück ein altes zu entsorgen, um Platz zu schaffen.Diese Philosophie kann für unsere Konsumgesellschaft der Schlüssel zum Glück sein.
TEXT: SEBASTIAN FRANK
FOTO: EVELINA LIND
Veröffentlicht
6.10.2019
Der Mensch ist evolutionsbedingt seit je her ständig auf der Jagd nach Nahrung, Lebensraum und in unserer modernen Zeit auch auf der ständigen Suche nach der perfekten Bekleidung. Darum ist es kein Wunder, dass, um es genau auszudrücken, 90% der Bevölkerung Kleidung besitzt, die noch nie getragen wurde. Der Jagdinstinkt ist tief in unserer DNA verwurzelt. Sobald wir uns nicht mehr um Nahrung und Wohnraum kümmern müssen, richten wir unseren Instinkt auf andere Bereiche, wie zum Beispiel die Jagd nach Kleidung.
Ganz so einfach ist es natürlich nicht. Im Grunde ist es die ständige Suche nach Glück, die hier eine Rolle spielt. Der Kauf eines neuen Outfits verschafft uns ein kurzzeitiges Glücksgefühl, und die Kleidung, die wir sammeln ist die Quittung für unsere Unzulänglichkeiten. Hat man aber eine gesunde Einstellung zum Kleiderkonsum, d.h. kauft man wirklich nur, wenn man unbedingt ein neues Kleidungsstück benötigt, ist das Ergebnis oft ein anderes.
Am wichtigsten bei der Ausformung einer nachhaltigen und zeitlosen Garderobe ist es, keine Kompromisse einzugehen. Etwas zu kaufen, dass nur an das benötigte Kleidungsstück erinnert, kostet unnötig viel Zeit und Geld. Sparen Sie lieber über einen längeren Zeitraum hinweg und Sie werden merken, dass ein überlegter Kauf besser ausfällt als ein Spontankauf. Vermutlich werden Sie das Kleidungsstück oder die Uhr auch länger tragen, ohne die Freude daran zu verlieren. Der Weg ist auch eine wichtige Formel für das Gelingen – oder um Karin Boye zu zitieren: „Ein gesättigter Tag ist nie der Größte. Der beste Tag ist ein Tag voller Sehnsucht.“
Wichtig ist es auch sich bewusst zu machen, aus welchem Grund manche Produkte teurer sind als andere. Sind der Lohn und die Arbeitsbedingung bei der Herstellung fair, schlägt sich das auf den Preis nieder. Gleiches gilt auch wenn Hersteller sich auf geringe Umweltbelastung spezialisiert haben.
Nicht zu vergessen ist die Methode „Eins rein – Eins raus”. Vor einiger Zeit sage
Matt Jacobson, der Leiter der Marketing Entwicklung von Facebook, in einem Interview, dass er nach der Philosophie leben würde, sich einer Sache entledigen zu müssen, bevor er etwas Neues anschafft. Für Ihn bedeutet dies auch, dass das Neue besser sein muss als das Vorhandene. Die Regel beherzigt Matt bei Allem, angefangen von Surfbrettern, Uhren, bis hin zu windgekühlten Autos und T-Shirts, obwohl er ein Leben im Überfluss leben könnte, wenn er es wollte.
In dem Bericht gab Matt an, dass er niemals etwas kaufen würde, dass nicht zur Anwendung kommen würde oder ihm nicht richtig passt. Er erinnerte sich an das Beispiel mit der Uhr, einer sehr ungewöhnlichen Han Rolex Daytona ’Paul Newman’ in 18k Gold. Eines Tages merkte er, dass der Druckknopf zur Steuerung des Chronografen fehlte. Er begab sich auf die Suche zu Hause, in seinen Autos, in zuletzt besuchten Restaurants, aber der Knopf blieb verschwunden. Schlussendlich war er zum Aufgeben gezwungen, legte die Uhr beiseite und versuchte die ganze Angelegenheit zu vergessen. Ein halbes Jahr später kam ein Installateur, um eine Reparatur unter dem Waschbecken durchzuführen. Dabei tauchte plötzlich der Knopf aus dem Nichts auf. Nach diesem Fund entschied sich Matt die Uhr zu verkaufen. Es hatte ihn einfach zu viel Kraft und Energie gekostet. Außerdem steigerte sich der Wert der Uhr, seit sie in seinem Besitz war, um ein Vielfaches, sodass ein unwohles Gefühl beim Tragen entstand. Es war daher eine leichte Entscheidung die Uhr zum Verkauf anzubieten, da er seine Accessoires verwenden möchte, ohne sich Sorgen machen zu müssen.
Möchte man alles, das in unserem Besitz steht verwenden, ist es notwendig sich einzuschränken. In einem prall gefüllten Heim zu wohnen und über eine randvoll gefüllte Garderobe zu verfügen, macht niemanden wirklich glücklich. Welche die magische Zahl ist, nach der man sich richten soll, wenn es um die Auswahl der Kleidungsstücke geht, ist eine Frage der Persönlichkeit. Wichtig ist auch, sich Matts Aussage im Interview in Erinnerung zu rufen. Materielle Dinge sollen dazu da sein, dem Alltag eine Goldkante zu verleihen und nicht unser Leben einzunehmen.